... oder reformiert wenigstens das Format! - Lasst nicht nur Pfarrer und Pastoren zu Wort kommen, sondern auch Künstler, Philosophen, Rabbiner, Intellektuelle, Umweltschützer, Imame oder nur mal den Nachbarn zwei Häuser weiter, wenn er ein ordentliches Thema mitbringt.
Zwischenempörung zum "Wort zum Sonntag" vom 23. Juni 2012 von Frau Dr. Adelheid Ruck-Schröder. Ihr Thema: Die Organspenderausweise, welche in diesem Sommer an die Versicherten verschickt werden.
Um gleich zur Sache zu kommen, diese Dame versichert zum Schluss ihrer 5 Minuten den christlichen Mitbürgern kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, wenn man den Spenderausweis nicht ausfülle!

Im weiteren stellt Frau Ruck-Schröder indirekt die Frage danach, wann ein Mensch wirklich tot sei und macht das sehr geschickt, in dem sie ihre Aussagen so formuliert, dass sie von Medizinern, Wissenschaftlern und Befürwortern der Organspende nicht der Unwahrheit bezichtigt werden kann. Dennoch implizieren ihre Aussagen sehr deutlich, dass Gottes Geschöpf nicht "zerlegt" werden soll, um ein anderes Geschöpf weiter leben zu lassen, das - jetzt mal von mir frei weiter gesponnen - gefälligst ebenfalls seine vorgesehene Sterblichkeit zu akzeptieren hat.


Ich selbst - und das gestehe ich hier nicht zu meinem charakterlichen Vorteil - habe mir aktiv auch noch keinen Organspenderausweis besorgt. Erstens aus plumper Trägheit und zweitens ein wenig, weil es mich tatsächlich kribbelt, bei der Vorstellung, dass mein Herz in einer anderen Brust schlagen könnte als der meinen. Genauso aber ist es mit dem Gepikst-Werden und dem Blut, das mir für eine Untersuchung abgenommen wird. Ich bin wie so viele als körperlicher Industriestaat-Schisser in dieser Welt unterwegs und wäre hoffnungslos verloren, wenn ich mein Essen jagen und sammeln müsste anstatt es im Supermarkt zu kaufen.
Was ich aber ganz bestimmt nicht möchte, das ist, dass jemand im Namen z.B. meines Glaubens - den Fr. Ruck-Schröder und ich wie in diesem Fall nicht miteinander teilen - hergeht und mir aufgrund dieser Gesellschaftsumstände und -entwicklungen Angst macht, es passiere mit der Organspende eventuell etwas mit mir, obwohl ich noch lebe und fühle.
WER - bitteschön - hätte schon einmal ernsthaft etwas über ein Leben für einen hirntoten Menschen gehört?

Bei ersteren handelt es sich um Fälle wie Ariel Sharon (schlimme u. tragische Geschichte) und im Letzteren um gestorbene Unfallopfer, die eben nicht hirntot an einer Maschine hängen. Diese zweite Gruppe aber ist die überragende Mehrheit in Sachen Spende bzgl. in Frage kommender Situationen. Die sogenannte christliche Sichtweise der Pfarrerin unterschlägt uns dies vollkommen im Massenmedium Fernsehen am Samstagabend.
Außerdem Frau Pfarrerin: Was halten Sie denn von der Nierenspende eines Herrn Steinmeier? Oder von einer Rückenmarkspende? - Wie sieht es da mit der unverwechselbaren Einmaligkeit aus?

Was mich aber allgemein erschreckt, das ist die Befürchtung um den Schaden, den diese Frau mit ihrer so geschickt ausbalancierten "Hirtenrede" im hier zu Lande unter dem christlichen Banner - meiner Meinung nach - noch immer viel zu beeinflussbaren Volk angerichtet haben mag.
DESHALB: Schafft doch bitte endlich dieses "Wort zum Sonntag" ab, ... oder reformiert es wenigstens mit Stimmen, die unserer Gesellschaft näher an den tatsächlichen Wirklichkeiten etwas mit auf den Weg geben, anstatt nur Plattform dieses einen Hintergrundmotivs (Kirche) zu sein.
Anders ausgedrückt: Dafür möchte ich keine Rundfunkgebühren zahlen!

Jetzt aber ist mir bewusst geworden, wie gefährlich dieses "Wort zum Sonntag" auch sein kann. Gerade wegen dem Nebenbei-Effekt! - Und wie deplatziert bzw. gesellschaftfremd es mittlerweile ist. Entworfen für eine bundesrepublikanische Gesellschaft noch spürbar nach dem 2. Weltkrieg ist es mit diesem ewig beibehaltenen Format im schon weit fortgeschrittenen 21. Jahrhundert und den Inhalten nicht mehr sinnvoll, sondern auf eine Weise gestrig, die sogar richtig Schaden anrichten kann.
Ich weiß natürlich nicht, ob es da eine Redaktion und eine ethisch orientierte Programmdirektion gibt, die festlegt, was aussagetechnisch geht bzw. gesellschaftlich korrekt ist und was nicht. Auch weiß ich nicht, wie die Damen und Herren Geistlichen ihren Weg auf den Sender jeweils finden, aber ich habe doch angesichts dieses Beispiels vor zwei Wochen den Eindruck, dass da redaktionell nicht wirklich kontrolliert oder nachgedacht wird.
Ein kurzer Sendeplatz zum Innehalten und Besinnen ist sinnvoll, aber wir haben da kulturell in unserer Gesellschaft ganz sicher sehr viel herausragendere Persönlichkeiten als PfarrerInnen, die uns weismachen wollen, dass man aus christlicher Sicht kein schlechtes Gewissen haben müsse, den zugeschickten Organspenderausweis nicht auszufüllen. - Beschämend für den Sender / Beschämend für die Kirche!