Wir alle sind im Leben neben den selbst mitgebrachten Eigenschaften vor allem auch das Produkt der Umwelt, in der wir uns bewegen. Familie, Freunde, Bildungs- und Arbeitsumfeld, die soziokulturelle Wertewelt unserer Gesellschaft. Glaube, Moral, Erfahrungen, individuelle Ereignisse. Das alles prägt und richtet unser Leben aus. Im positiven wie im schwierigen, das ist mal klar.
Vorbilder gehören ebenfalls dazu. Eltern sind Vorbilder (na, zumindest wenn die Kids noch kleiner sind) und natürlich Menschen, denen etwas Besonderes gelingt, die etwas Besonderes leisten. Menschen, die man im näheren oder weiteren Umfeld wahrnimmt, aber auch Menschen, die so etwas sind wie die Vorbilder schlechthin zu einem bestimmten Thema (Kultur, Religion, Region, Politik, Kunst, Sport etc.) oder sogar der Menschheit als solcher.
Meine Vorbilder im Sinne der letztgenannten Kategorie möchte ich hier kurz vorstellen: Persönlichkeiten, die mich inspirieren. Menschen, deren Lebensleistung ich bewundere und bezüglich meiner eigenen Einsichten als prägend empfinde.
Nelson Mandela

Ich habe viele Quellen zu ihm gelesen und natürlich auch sein Buch „Der lange Weg zur Freiheit“. Mandelas Weg war mutig und konsequent zugleich. Unterwegs hat er sich niemals zu Revanchismus oder Ressentiments hinreißen lassen, obwohl es viele Anlässe dazu gegeben hätte. Alle Versuche – und es waren viele – seinen Willen und seine Überzeugungen zu brechen, waren erfolglos. Trotz auch der unsäglichen Gewalt, die auf beiden Seiten zunehmend auf freilich verschiedene Weise eskalierte. Das unterscheidet Mandela von vergleichbaren Persönlichkeiten der Geschichte. – Anders als bewusst gestreute Behauptungen des Apartheidregimes hat Nelson Mandela sich trotz eines Lebens im Widerstand niemals der Gewalt als Lösung ergeben. Das bewundere ich!
Bevor er seine persönliche Freiheit mit über 70 Jahren endgültig wieder erlangte, wusste er schon einige Jahre lang, dass dieser Augenblick kommen würde und bereitete sich akribisch darauf vor, sein Land nachhaltig zwischen den Ethnien endlich zu befrieden. Kein Groll, keine Entgleisungen, sondern Verhandlungen, Gespräche mit seinen persönlichen Gegnern und denen seines Volkes. Selbst den Friedensnobelpreis teilte er mit Pieter de Klerk, dessen Leistung allein darin bestand, das untergehende alte System halbwegs friedlich abzuwickeln. Im Grunde auch eine Zumutung, … aber die Großzügigkeit und Bereitschaft zur Geste zeichnet diesen großartigen Menschen in ganz besonderer Art und Weise aus über ein ganzes Jahrhundert hinweg.
Mahatma Gandhi

Dennoch bewundere ich als von Land und Leuten sehr angetaner Indienreisender diese unglaubliche Leistung Gandhis uneingeschränkt, aber er bewegte sich in einem Konstrukt unendlicher Widersprüche. Auch musste er erst mit den Jahren seinen Weg zu seiner Aufgabe finden. Gandhi erreichte am Ende ohne Armee, ohne Krieg, ohne Staatsmacht allein durch den Einsatz seiner Person (Verhandlung/Fasten/Protest) mit der Unabhängigkeit seines Landes Unglaubliches … und konnte doch die Gewalt und die Spaltung des Landes nicht verhindern. Eine Tragik, die in den Konfliktereignissen zwischen Pakistan und Indien noch immer andauert.
Gandhi wählte stets gegen andere und durchaus persönlich verlockende Angebote seinen eigenen Weg und stellte sich wieder und wieder aussichtslosen Widrigkeiten aufgrund seiner Überzeugung und vielleicht Vision für Indien. – Um das zu erreichen, und obwohl er gebetsmühlenmäßig Alternativen anbot, nahm er wohl die offenbar unvermeidlichen Gewaltexzesse in Kauf, um dem Ziel der Unabhängigkeit (das leider nicht wirklich ausgearbeitet war!!) näher zu kommen.
Gandhi prägte und definierte den Begriff des „passiven Widerstandes“ so wie wir ihn heute kennen und verstehen. Das ist eine Leistung, die für alle Zeiten im Gedächtnis der Menschheit Bestand haben wird.
WILLY BRANDT

Er ging bereits 1933 in den Untergrund und Widerstand. Dort spielte er gewisse Rollen im spanischen Bürgerkrieg, bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an Carl von Ossietzky und z.B. auch dem Umsturzversuch vom 20. Juli 1944. Das wissen nur wenige.
Willy Brandt war vielleicht nicht das, was man einen idealen Familienmenschen und Vater nennen möchte (alle Kinder hatten Probleme), aber er gab die entscheidenden Impulse, damit unser Land werden konnte, was es vor 1990 geworden war. Er gestaltete auch bestimmte Teile der westlichen Politik in der Phase des kalten Krieges auf beiden Seiten, die unser aller Leben in der Weise ermöglichte, so wie es war.
Willy Brandt erduldete absurde und weiß Gott ungerechte Diffamierung in der Nachkriegszeit, um politisch bewegen zu können, woran er glaubte. – Seine Rolle selbst zum Ende des kalten Krieges hin ist größer und entscheidender als die Geschichte ihm das heute (2011) zubilligen will: Ohne Wissen des Westens beriet und beeinflusste Brandt Michael Gorbatschow – der ihn bewunderte – ab 1986 intensiv in all seinen politischen Maßnahmen und nahm auf diese Weise unaufgeregt Einfluss. Ich entnehme diese Behauptung dem Vorwort der Erstausgabe von Brandts „Erinnerungen“ (Sommer 1989) und späteren Einlassungen von Gorbatschow.
Das lebenslange politische Wirken von Willy Brandt hat mich schon immer inspiriert seit dem Wahlkampf 72, den ich erstmals als Auseinandersetzung selbst wahrnahm. Im Angesicht der weltweiten Ereignisse und Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts war er 1971 sicher einer der würdigsten Vertreter des großen Friedenspreises, die es je gegeben hat.
Michelangelo Buonarroti

Das Besondere an ihm ist nicht nur seine unglaubliche Kunst, sondern dass er sich zeitlebens nicht für irgendeinen Herrscher oder Papst dafür verbogen hat, so schwer das auch gewesen sein muss, denn andere taten dies während jener künstlerisch unfassbar kreativen Epoche weidlich. Er ging für das woran er glaubte in gewalttätiger Zeit Risiken ein wie prominent niemand sonst in seiner Zeit und setzte physisch wie psychisch für sein Werk stets alles. Das ist so einzigartig wie die Kunst, die er uns hinterließ. Ich bin und werde von diesem Leben stets beeindruckt bleiben.
WOLFGANG AMADEUS MOZART

Ich selbst bin aus verschiedenen Gründen unmusikalisch, aber – neben durchaus anderen – erreicht die Musik Mozarts mein Innerstes und schenkt mir die besten und tiefsten Gefühle.
IMMANUEL KANT

Descartes, Locke & Rousseau
Sind weitere Philosophen, deren Werk mich inspiriert. Sie erklären die Prinzipien des Zusammenarbeitens und der Gesellschaft. An ihren Einsichten hat sich im Wesentlichen nichts geändert. Das tickt heute genauso wie zum Beginn der Neuzeit.
Georg Büchner, Heinrich Heine, Klaus Mann, Heinrich Böll …
Diese nenne ich stellvertretend für viele Autoren ähnlichen Geistes und literarischen Charakters. Sozusagen als Gegenentwurf zu Goethe, Thomas Mann etc. – Ich selbst würde gerne schreiben wie jemand noch längst ungenanntes, aber das passiert nicht so einfach. Das muss in einem stecken und dann auch noch zu den Umständen des Projekts passen.
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Natürlich lassen sich viele weitere Persönlichkeiten listen. Dies ist keine Auswahl der besten Menschen, sondern nur ein kleines Stück meiner persönlichen Inspiration. Als Kind fand ich z.B. Alexander d. Großen ganz toll, … erwachsen sehe ich das differenzierter. Anderes auch.
Logischerweise gibt es auch eine Liste von nicht besonders inspirierenden Persönlichkeiten: Die Monster der Weltgeschichte gehören natürlich dazu wie Hitler, Stalin, die Konquistadore, Nero, etc. … Ihr wisst schon. Im sehr viel Kleineren sind das Typen wie Tallyrand, Bismarck, Adenauer, Kohl, Bush Jr. etc.
Wir gehen alle unseren Weg und sollten dabei möglichst unseren Inspirationen, Ideen und persönlichen Visionen folgen.
Dies ehrlich, aufrecht und geradeaus zu tun ist aller Ehren wert. Ganz gleich, ob nach außen erfolgreich oder im stillen kleinen Umfeld. Es kommt auf das echte Tun an, … nicht auf irgendwelches Getue. Das hat mein verstorbener Vater im Grunde sehr weise immer schon gewusst.