Dienstag, 11. Oktober 2011

Thema 1: Eurokrise (KW 41 / 2011)

Kann das überhaupt noch irgendwer hören? - Geht der Euro nun vor die Hunde, wenn Länder wie Griechenland, Portugal, Irland etc. (weitere Kandidaten sind ja optional auch im Rennen) insolvent werden? - Ist es im Ernst noch zu fassen, dass in "angeblich" diesem Kontext schon wieder irgendwelchen Banken mit Bad Papers "geholfen werden darf"? - Hat außer mir sonst noch jemand das Bedürfnis jenes Credo vom freien Markt im Zusammenhang mit der sogenannten Finanzindustrie (was bitte soll das für eine Industrie sein?) zumindest mal ernsthaft (!!!) mit Regeln zu versehen? - Ein paar Thesen ...

(1)
Ich bin nun wahrlich kein Wirtschaftsweiser und schon gar kein Währungsexperte, aber ich behaupte mal dreist, diese ganzen Krisentalker, Politiker, Minister etc. sind es ebenso wenig.
Für ganz Doofe  habe ich einmal gelernt, dass eine Währung im Verhältnis zu ihrer Umlaufmenge immer so stabil bzw. wert ist, wie die Wirtschaftsleistung, welche sie trägt. Wenn das also im Groben so ist (und ich bin einigermaßen sicher), dann tut die Insolvenz Griechenlands dem Euro gar nix bzw. aufs europäische Ganze nicht mehr als die Wirtschaft dort vor Ort leidet.

(2)
Da die EZB die Geldmenge staatsunabhängig kontrolliert (hoffentlich ist das so), wüsste ich also nicht, warum es eine Eurokrise geben soll; ... höchstens doch eine griechische Staatskrise.

(3)
Das berühmte Defizitkriterium des Euro-Stabilitätspaktes ist doch nur eines im Rahmen des "Regelwerkes" für unsere Währung. Ich verstehe es so, dass dieses Kriterium eine indirekte Wirkung ausübt, um bei etlichen teilnehmenden Volkswirtschaften erst gar keinen erhöhten Druck auf die Geldmenge aufkommen zu lassen.
Ein Nr 1 Kriterium also nur aus der Perspektive von Haushaltspolitikern und eher weniger für Auswirkungen auf den tatsächlichen Wert bzw. die Kaufkraft des Euro, welche für uns Bürger schlussendlich entscheidet.

(4)
Rückblende Finanzkrise - Banken überall haben tonnenweise RAMSCH (das sind Papiere, die zwar riesige Renditen versprechen, dafür aber nichts halten, weil das entsprechende Geschäft kollabiert oder gar nicht richtig existiert) im Keller, deren Ankauf ist teilweise sogar illegal (Landesbanken, Förderbanken, Sparkassen etc.) - Unser Staat jedoch erklärt uns Bürgern, dass die HRE (und andere) nicht pleite gehen darf und verfeuert Milliarden. Das Finanzsystem sei "substantiell betroffen". Mehr nicht, das muss reichen!

War es das, substantiell betroffen? Jedenfalls wohl eher nicht in der Art Nebelschwafeleien von Finanzministern bis hin zu Reservehinterbänklern. Mit einer verständlichen Erklärung hätte man doch so substantiell wie politisch gepunktet, dass selbst die eingefleischtesten Sturköpfe wie ich für die nächste Wahlentscheidung zu gewinnen gewesen wären statt Politikfrust zu schieben. - Da war etwas ganz anderes substantiell betroffen und es muss einfach ein böser Mensch sein, der vermutet, dass wir es unter dem Boden im Keller mit riesigen Hohlräumen schlicht nicht real existierender Werte zu tun haben könnten.

Real dagegen sinde die Millionenabfindungen und Prämien für Leute, die sich in jeder anderen wirklichen Umgebung des Betrugs besonderer Schwere bzw. der Veruntreuung schuldig gemacht hätten.
Auch real, aber eben nicht substantiell sind die Existenzen und Einlagen tausender gutgläubiger Anleger. Gleiches gilt für Mitarbeiter von Unternehmen wie Quelle und etlichen anderen.

Hätte man mit den Beträgen zur Bankenrettung substantiell etwas für Arbeitsplätze und Konjunktur tun können ...?

(5)
Als der Euro in 2002 zu Bargeld in unseren Taschen wurde, gab es zeitgleich Meldungen über frisierte Daten aus Griechenland, um der neuen Währung beitreten zu können. Knapp 10 Jahre später fällt die europäische Politik überrascht aus allen Wolken und diskutiert darüber, welche Vorgängerregierung es hätte besser wissen müssen.

Hängen lassen ist natürlich unsolidarisch bzw. bestraft mit dem Volk sowieso die Falschen. Tatsache ist aber, dass da ein ganzer Staat auf Kosten europäischer Allgemeinheit betrügerisch gehandelt hat. Das ist keine Bagatelle. Tatsache ist auch, dass wider alle Beteuerung die Verantwortlichen über die Jahre hinweg dies wussten und ignorierten. Tatsache ist offenbar ebenso, dass der Vertrag über die Währungsunion in gewissen Teilen (Vertragsverletzungen) das Werk monetärer Dilettanten ist, die auf Biegen und Brechen alle möglichen Teilnehmer dabei haben wollten. Dafür machten sie Vatragsinhalte offensichtlich passend.

(6)
Last not least, mein ganz persönliches Highlight, von dem zwar irgendwie keiner mehr spricht, das aber auch so etwas wie eine konkrete Eurokrise darstellt.
Während in Teilnehmerländern wie z.B. Frankreich sehr konkrete Regeln zur Preisstabilität durch den Gesetzgeber aufgestellt wurden, gab es in Deutschland (es ist dies das Land, in dem der Markt in allen Branchen völlig absprachefrei die Preise regelt) groß inszenierte, öffentliche und hochheilige Schwüre der - Achtung! - "Freiwilligen Selbstverpflichtung", die noch nicht fertig geschworen waren, als bei den Absahnern schon die Korken knallten.

Wer erinnert sich? Bevor der Euro überhaupt richtig da war, kam erst einmal der "Teuro" und mit ihm parallel zur damaligen Wirtschaftskrise (welche D nicht zuletzt aus diesen Gründern stärker erwischte als unsere Nachbarn) eine satte Kaufkraftkrise.

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Es ist wie mit allen Geschichten in unserer Welt. Am Ende erwischt es zuallererst einmal die schwächsten Glieder im System: Krankreit und Selbstmord steigen im Griechenland dieser Tage rapide an.


Den Typen, die in den Tiefen des Finanzdschungels gerade jetzt obskure Krisenwetten dealen, wird das alles herzlich egal sein.

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